Die Idee, Wein auf dem Meeresboden reifen zu lassen, ist nicht neu. In den letzten Jahrzehnten waren Mittelmeerländer wie Spanien, Italien und Kroatien Pioniere auf diesem Gebiet. Mittlerweile haben auch Amerika, Chile, Australien und Südafrika diese Form der Weinreifung eingeführt. Cartagena ist seit einiger Zeit ein wichtiger Akteur in der Entwicklung von „Unterwasserweinen“. Die Stadt kann stolz behaupten, den größten Unterwasserweinkeller Europas zu haben. Mehr als 7 Kilometer vor der Küste, in einer Tiefe von 30 Metern, liegt ein gigantischer „Weinkeller“ von 150 m2 mit einer Kapazität von 5 Millionen Flaschen.
Von diesem Rekord-Weinkeller verspricht sich die Stadtverwaltung viele positive Impulse. Die Provinz Murcia verdankt ihre Popularität zum Teil dem Ruf ihrer Weinregion als attraktive Industrie. Die neuen Entwicklungen werden zweifellos noch mehr Weinliebhaber in die Region locken. Zudem wurde auf dem Gelände der Weinanlage ein künstliches Riff geschaffen, welches die Vielfalt des Lebens am Meeresboden fördern soll.
Wie so oft bei radikalen Neuentwicklungen war auch hier der Zufall ein wichtiger Faktor. Zwei Ereignisse spielten dabei eine wesentliche Rolle. Das erste trägt den Namen eines italienischen Künstlers, der eine Umschulung zum Weinhändler absolviert hatte. Aufgrund von Platzmangel in seinem Weinkeller kam er auf die kreative Idee, einen Teil seines Bestandes auf See reifen zu lassen. Die ersten Weine kamen im Jahr 2001 auf den Markt. Ein weiterer wichtiger Moment war die Entdeckung eines Schiffswracks im Jahr 2010 in der Ostsee. An Bord des 1880 gesunkenen Schiffes befanden sich 168 Flaschen Champagner. Experten, die die Qualität der Inhalte prüften, waren positiv überrascht. Ihr Urteil: Der Meeresboden bietet optimale Bedingungen für die Reifung von Champagner und Wein. Wichtige Gründe hierfür sind die relativ konstanten Temperaturen, die Halbdunkelheit und der Luftdruck.
Beim Bau der Unterwasserkeller stellte man fest, dass diese Form der Weinreifung gegenüber der herkömmlichen Lagerung noch weitere Vorteile bietet, wie etwa eine schnellere Reifung, geringere Wartungskosten der Anlage und einen reduzierten Energieverbrauch. All dies ändert allerdings nichts daran, dass das neue Verfahren nicht auf die Herstellung von Sabberweinen abzielt. Wo auch immer Unterwasseranlagen entstehen, konzentriert sich die Weinproduktion auf den Gourmetmarkt und damit auf teurere Weine.
Aber natürlich ist jeder Weinliebhaber und -interessierte herzlich eingeladen, eine Bootstour zu dem Ort zu unternehmen. Dort werden auf Spanisch und Englisch Erklärungen zum Reifungsprozess und zur Geschichte des Weines gegeben. Es können sowohl Weiß- als auch Rotweine verkostet werden. So kann jeder den geschmacklichen Unterschied zwischen der traditionellen und der neuen Methode beurteilen. Den Reaktionen vieler Weinliebhaber zufolge, die die beiden Reifungsverfahren verglichen, gäbe es „auffällige Nuancenunterschiede“.